Die Geschichte der Motorfluggruppe
Der Beginn
Der Flugplatz Wilhelmshaven-Mariensiel, das Sprungbrett zur ostfriesischen Inselkette, wurde im Sommer 1927 von einer "kleinen Schar tollkühner Männer in ihren fliegenden Kisten" gegründet. Nach einer wechselvollen, während der Kriegsjahre auch unterbrochenen Geschichte, ist heute mit dem Flugplatz ein respektabler Wirtschaftsfaktor für die Region herangewachsen.
Die luftfahrt- und luftsportbegeisterten Teilnehmer kamen zumeist aus der kaiserlichen Marinefliegerei. Sie setzten es durch, daß Wilhelmshaven und Rüstringen Geld für die Sandaufspülungen auf dem Cäciliengroden bei Mariensiel bereitstellten. Nach erheblichen finanziellen Aufwendungen und vom Luftfahrtverein "Jade" erbrachten Arbeitsleistungen konnte der Flugplatz am 15. Juni 1927 eingeweiht werden. Wenig später nahm die Lufthansa mit mehreren Maschinen in Mariensiel den fahrplanmäßigen Flugdienst im Passagier- und Postflugtransport auf. Die Flugzeuge verkehrten zwischen Hamburg, Bremen und Wilhelmshaven auf dem Festland, und den Inseln Wangerooge, Norderney und Borkum. Die Verbindung Wilhelmshaven -Wangerooge wurde auch direkt bedient.
Der Flugplatz blüht
Im Mai 1928 gründeten Wilhelmshaven und das oldenburgische Rüstringen eine eigene Luftverkehrsgesellschaft. Der Betrieb florierte, die Nachfrage stieg und die Luftsportgruppe "Jade" bildete die ersten Piloten aus. Über dem Flugfeld drehte die erste vereinseigene Maschine, ein ausgedientes Kriegsflugzeug, ihre Runden. Der zweisitzige Doppeldecker erhielt den Namen "Jade-1". 1928 war jedoch auch ein Jahr der Trauer: am "Schwarzen Freitag", als die Weltwirtschaftskrise ausbrach, stürzte der junge Flieger Robert Müller, Weltkriegspilot und erster Vereinsfluglehrer, mit einer Fokker D-VII Jagdeinsitzer ab. Für die Flughafengesellschaft, die Luftverkehrsgesellschaft und den Luftfahrtverein "Jade" bedeutete der Tod des erfahrenen Piloten ein harter Verlust.
Der Flugbetrieb entwickelte sich trotz allem weiter: Es wurde die erste Flugzeughalle gebaut, später Firmensitz des Luftverkehrsunternehmens Wilhelmshaven-Friesland. Die Abfertigungsbaracken aus der Gründerzeit wurden durch massive Klinkerbauten ersetzt, der Schulungsbetrieb für angehende Piloten erlebte einen enormen Aufschwung. Mariensiel hatte national und international als Flugplatz einen Namen aufzuweisen. In besonders harten Frostwintern übernahm die Mariensieler Gesellschaft mit der Lufthansa die Versorgung der Insulaner mit Lebensmitteln, Brennstoffen und Post. Bis 1933 steigerte sich das Flugaufkommen auf 1249 Flüge mit 2305 Fluggästen und 45208 geflogenen Kilometern.
Neuordnung
In den darauf folgenden Jahren uniformierte sich Deutschland mehr und mehr. Auch in der Fliegerei wurden "die Reihen fester geschlossen". Der private Luftverkehr ging damit spontan zurück. Das Reichsluftfahrtministerium verlangte von der jadestädischen Luftverkehrsgesellschaft die Einstellung des Flugbetriebs zugunsten der Deutschen Lufthansa. 1939 mußte aber auch sie den Luftverkehr über Wilhelmshaven einstellen. Der Flugplatz Wilhelmshaven-Mariensiel wurde für den gesamten zivilen Luftverkehr gesperrt. Säter wurde das Flugplatzareal dem Seefliegerhorst Wilhelmshaven übergeben und blieb während der Kriegsjahre geschlossen.
Mehr als ein Jahrzehnt sollte der einst so belebte Flugplatz den Kiebitzen - heute im Vereinswappen der Motorfluggruppe verewigt - für ihre Starts und Landungen vorbehalten bleiben. Nach Kriegsende wurde die große Fläche teilweise als Gartenland nutzbar gemacht, und Sportler trugen hier ihre Wettkämpfe aus. Wieder galten Verordnungen der Siegermächte, die den Deutschen das Fliegen verboten.
Die Neueröffnung
Als die alliierte hohe Komission 1951 den Segelflug für Westdeutschland freigab, gründeten die Mariensieler Piloten sofort den Luftsportverband Jade. Im Herbst desselben Jahres wurde der erste Flugtag nach dem 2.Weltkrieg veranstaltet. Dieses luftsportliche Ereignis zog immerhin 3000 Besucher an. 1955 wurde wieder ein Flugzeug, ein Selbstbau, von dem Mariensieler Verein stationiert. Wenige Jahre später vereinten sich die Luftsportvereine aus Mariensiel, Zetel, Emden und Norden zur Luftsportgemeinschaft Nordsee - voller Optimismus, daß der Mariensieler Flugplatz wieder instandgesetzt wird.
Am 2. März 1957 gründeten die Stadt Wilhelmshaven und der Landkreis Friesland gemeinsam mit dem Flugplatzförderverein die eine Flugplatz GmbH. Mit relativ geringen Mitteln wurde der Flugplatz innerhalb weniger Monate wieder hergerichtet. Fast genau 30 Jahre nach seiner ersten Eröffnung übergaben ihn Wilhelmshavens Oberbürgermeister Nieter und Frieslands Landrat Albers am 12. August 1957 erneut dem Verkehr.
Eine Dekade später ging die Luftsportgemeinschaft Nordsee 1967 in unsere Motorfluggruppe Wilhelmshaven-Friesland über.
Heute
50 Jahre sind vergangen und der Flugplatz Wilhelmshaven-Mariensiel ist zu dem Verkehrslandeplatz JadeWeserAirport mit zwei Landebahnen, Rollwegen und sieben Flugzeughangars herangewachsen. Das Flugfeld mit der Nachtbefeuerung ist für alle gängigen Flugzeugtypen geeignet. Selbst mit Strahltriebwerken ausgerüstete Jets bis zu einem Gesamtgewicht von 14 Tonnen sind in Mariensiel zugelassen.
Der Wunsch, die Welt im Fluge zu erleben und aus der Vogelperspektive zu sehen, ist heute wie 1927 bei vielen Menschen vorhanden. Fliegen ist nach wie vor ein immer neues Erlebnis; ein Abenteuer indessen soll es nicht sein. Manches hat sich in den neun Jahrzehnten verändert. Aber nicht die Theorie aus längst vergangenen Tagen:
"... der laufende Propeller wirkt als Schraube und reißt die Maschine vorwärts mit sich steigender Geschwindigkeit. Je nach Konstruktion der Tragflächen erreicht die Maschine nach längerer oder kürzerer Zeit den Punkt, in dem sie ihre Schwebefähigkeit erhält und von der Luft getragen wird. Sie fliegt."